Johannes Lutz, 16. Juni 2020
Ernst-von-Harnack-Schule Bad Hersfeld –
Unser Schulgarten in Zeiten von Corona
Die fröhlichen Kindergeräusche fehlen seit Wochen. Nur vier Kinder sind in der Notbetreuung – sonst herrscht geradezu unnatürliche Stille. Alle sehnen sich den „Normalbetrieb“ herbei, aber der wird wohl noch eine Weile auf sich warten lassen.
Aber Corona bietet auch Möglichkeiten, die es sonst nicht geben würde. Seit Wochen pflanze ich „wie bekloppt“, denn die Chance, dass neue Sträucher und Stauden völlig ohne „Kinderdruck“ in Ruhe anwachsen können, kommt bestimmt so schnell nicht wieder. Die Schulkinder zerstören zwar auch sonst extrem wenig, aber gerade frisch gepflanzte Gehölze brauchen eben ziemlich lange, um anwachsen zu können, oder der Pflanzbereich muss entsprechend monatelang abgesperrt werden.
Nun kann ich zwar die Kinder nicht beteiligen, wie es sonst der Fall wäre, aber andererseits ist es möglich, stunden- ja tagelang bei der Sache zu bleiben. Folgende Projekte im Außenbereich standen und stehen seit März diesen Jahres an:
- Der neue Schulgarten (begonnen 2019)
Diesmal ist rechtzeitig alles umgegraben, gesät und gepflanzt. Schade zwar, dass die Kinder, die so gerne beim Ackern und Pflegen helfen, nicht da sind, aber es ist Zeit, um neue Kulturen zu etablieren. So gibt es nun eine Rhabarberecke, eine Himbeerecke, einen Kräuterstreifen (mit Schnittlauch, Petersilie, Estragon, Ysop und Melisse) und ein Beet mit Monatserdbeeren. Auch der Grünspargel ist in der Erde. Gesät wurden Möhren, Schwarzwurzeln, Kerbelrüben, Rote Bete, Mangold, Zuckererbsen, Bohnen, daneben gibt es Steckzwiebeln und die selbst vorgezogenen und gepflanzten Kohlarten sowie Salat. Gurken, Paprika, Andenbeeren (Physalis) und Auberginen haben lange an den großen Fenstern im Betreuungsraum gewartet, bis die „Eisheiligen“ vorüber waren, nun sind sie im Boden.
Die Kürbisse haben ein Tipi aus Stangen und Zweigen bekommen, damit sie sich – zusammen mit den Feuerbohnen – festklammern und hochwachsen können. Am schönsten sieht aber im Moment das „Unkraut“ aus: Klatschmohn und Erdrauch. Die Hummeln und Bienen freuen sich über die roten Blüten. Einige Kinder aus der Notbetreuung kamen inzwischen sogar in den Genuss der ersten Erdbeeren. Die Sorte „Senga sengana“ gab es schon in meiner Kindheit, und die schmecken tatsächlich nach Erdbeeren und nicht nach „schnittfestem Wasser“ wie oft aus dem Supermarkt. - Der Kartoffelacker (begonnen 2017)
Dieser befindet sich nicht auf dem Schulgelände selbst, sondern ist ein Kooperationsprojekt mit der Gärtnerei Kühn, die sich gegenüber der Schule befindet und uns ein großes Gartenstück (ca. 300 m2) zur Verfügung gestellt hat, um mit den Kindern Kartoffeln und Kürbisse anzubauen. Das Stück ist lang genug, um auch tatsächlich mit einer Klasse arbeiten zu können. Das Umgraben ohne meine tüchtige AG „Lernen aus der Natur“ war recht mühselig und einsam, als dann aber Lehrerkollege Steffen Cholewa auch seinen Spaten mitbrachte und half, ging es schließlich doch zügig. Inzwischen sind auch die Kartoffeln gesteckt, fünf Sorten (Linda, Granola, Blaue St. Galler, Bamberger Hörnchen. Rote Emmalie). Nun kamen noch die Kürbisse dazu mit Sorten wie Atlantic Giant, Trombetta di Albenga, Serpente di Sicilia, Hokkaido Orange, Mini Bottle, Jack O´Lantern, Patisson u.a..
Schülereinsatz auf dem Kartoffelacker im vorletzten Jahr - Die Blumenbeete (begonnen 2017)
„Mein Gott, wie hässlich!“ dachte ich im Herbst 2016, als ich die Beete vor den zwei Schulgebäuden zum ersten Mal sah. Vorwiegend Dornsträucher wie Berberitze und Weißdorn- und das auf einem Schulgelände! Das Entfernen bzw. Ausgraben der Büsche war mühsam, aber es lohnte sich. Inzwischen blüht die Schule ringsum von Januar bis Dezember. Eine Mischung aus Stauden (viele davon mit den SchülerInnen selbst gezogen) und einjährigen Blumen strahlt die Besucher geradezu an: Staudenlein, Spornblumen, Gemswurz, Akelei, Zwergflieder, Goldmohn, Türkischer Riesenmohn, Brandkraut, Haferwurzel. Steppenkerze, Ringelblumen (die den milden Winter überstanden haben). In den letzten Wochen kam Zuwachs in Gestalt von Drachenkopf, Koreanischem Anisysop, Sommerhibiskus, Spinnenpflanzen und Schopfsalbei.Blühstreifen vor der Bücherei mit Spornblume, Ringelblume (vorne) und Staudenlein und Goldmohn (hinten)Eigentlich eine Gemüsepflanze: Eigentlich eine Gemüsepflanze:
Blühende Haferwurzel - Der Blühstreifen vor der Turnhalle (begonnen 2017)
Nur etwa 30 cm breit ist der ehemalige Staub- und Matschstreifen entlang unserer Turnhalle. Etwas Mörtel musste im Erdbereich entfernt werden, damit die Wurzeln etwas mehr in die Tiefe wachsen können. Inzwischen ist der Streifen mit Margeriten, Inkarnatklee, Klatschmohn, Kalifornischem Mohn, Kartäusernelke, Thymian, Lavendel und Weg-Malve ein echter Blickfang. Jetzt kommt selbst gezogener Edelgamander dazu.
Vor Jahren noch sehr unansehnlich: Der Streifen an der Turnhalle
- Kleines Waldstück hinter der Turnhalle (begonnen 2018)
Verbotenes Terrain für die Kinder, Müllplatz für alles Mögliche (Asche, Hausmüll, Verpackungsmüll) und Schandfleck – das war das kleine Waldstück hinter unserer Turnhalle. Das mehrmalige Entfernen des Mülls und die Verschönerung durch Entfernen von wilden Brombeerranken und unzähligen Baumsämlingen führte tatsächlich dazu, dass es inzwischen kaum Neuansammlungen von Müll gibt. Der Platz ist für die Pausenaufsicht schlecht oder gar nicht einzusehen und damit umso attraktiver für manche Kinder. Inzwischen spielen gerade die Betreuungskinder am Nachmittag gerne dort, mit „Sondergenehmigung“ der Aufsichtskräfte. Geplant ist für die Zukunft eine Art „Wildnisführerschein“, den die Kinder machen können und der es den SchülerInnen erlaubt, dort zu spielen. Im vorderen Bereich entsteht eine halbschattige Ecke für Frühjahrsblüher wie Schneeglöckchen, Buschwindröschen, Schlüsselblumen, Teufelskralle, Hasenglöckchen. In den vergangenen Wochen gab es Zuwachs in Gestalt von Walderdbeeren, Bärlauch, Waldziest, Waldmeister, Große Sternmiere, Zahnwurz und Frühlingsplatterbse. - Grüne „Häuser“ (begonnen 1997)
Da das Schulgelände für die Pflegekräfte ordentlich, sauber und mähfreundlich sein soll, wurden viele Sträucher, Bäume und überhaupt Versteckmöglichkeiten für die Kinder über zwei Jahrzehnte lang zunehmend entfernt oder stark zurückgeschnitten. Nun erfolgt zum Teil ein Neuaufbau. Spielwert für die Kinder und „Pflegedruck“ oder Ordnungsliebe stehen mitunter in direktem Kontrast. Es entstehen nun in Absprache mit dem jeweiligen Hausmeister neue Rückzugsmöglichkeiten für die SchülerInnen. Begonnen wurde mit einem „Hainbuchenhaus“, das erst jetzt nach einigen Rückschlägen sich zu etablieren bzw. richtig zu wachsen beginnt. Dazu kommt ein großes Sträucherrondell, in dem in den vergangenen Wochen Lücken durch Sibirischen Hartriegel, Haselnuss und Flieder geschlossen wurden. Auch entlang der schon vorhandenen Hecke erfolgten zwei halbrunde Ergänzungspflanzungen. - Schleichgarten (begonnen 2020)
Dies ist unser neuestes Projekt. Die Fläche befindet sich vor dem ersten Schulgebäude zur Straße hin. Vorhanden waren bereits vier größere Bäume (Winterlinde, Feldahorn, Mirabelle und Hainbuche), ansonsten hatte der Bereich jedoch für die Schule keine andere Funktion außer der Rolle als „Hausabstandsgrün“. Da wir einen ziemlich großen Schulhof mit vielen Möglichkeiten zum Bewegen und Ballspielen haben, fehlen ein wenig die Plätze für Kinder, die Ruhe und Rückzugsmöglichkeiten suchen. Außerdem gibt es bislang auch wenig Plätze, die sich für den Unterricht unter freiem Himmel eignen. Geplant sind nun „Lernnischen“ für Gruppenarbeit, dazu kommen Sitz- und Tischgarnituren zum Arbeiten oder Verweilen. Dafür erfolgten im April Pflanzungen von Flieder, Strauchkastanien, Bienenbaum, Zwergmaulbeere, Rispenhortensien und Klappernuss. Dazu kommen noch Kulturheidelbeeren. Bereits fertig gestellt sind der Lavendelstreifen und das Schmetterlingsbeet (mit viel Wildem Oregano, Wasserdost, Diptam, Skabiose, Kugeldistel u.a.. Auch ein Insektenhotel, gebaut während der letzten Sommerferienfreizeit, ist bereits etabliert. In Arbeit ist nun der Moosgarten (zum Barfußlaufen) und eine kleine Blumenwiese. Zukünftig sollen noch die Kleinprojekte Steingarten und Krokushügel dazukommen. Auch eine „Baumschule“ ist in Planung, in der Kinder in der ersten Klasse Baumsamen säen und die kleinen Bäumchen dann in der vierten Klasse in den neuen Schulwald pflanzen. - Schulwald
In Absprache mit dem hiesigen Förster Mathes bekommt die Schule ab kommenden Herbst ein Stück gerodete Waldfläche zur Bepflanzung und Betreuung. Das Waldstück liegt in Richtung Wippershain jenseits der Autobahn.
Blickfang für SchülerInnen, LehrerInnen Und PassantInnen: Das Blumenbeet
Neupflanzungen für die „Lernnischen“
Wegen der Vögel muss der entstehende kleine „Moosgarten“ zunächst abgedeckt werden
Jetzt muss es nur noch wachsen: Das neue Schmetterlingsbeet
Was die Vielfalt an Pflanzen betrifft, ist es uns gelungen, innerhalb der vergangenen dreieinhalb Jahren eine Artenzahl von über 220 auf dem Schulgelände zu erreichen (mehr als vervierfacht zu 2016).